Gebraucht ist gut, individuell ist besser. Macken auszubessern und Altes weiterzuverwenden gehört für viele zu einem modernen nachhaltigen Lifestyle dazu – und es macht mehr Spaß als etwas wegzuwerfen. Das Werkeln, Tauschen und Reparieren ist zum weltweiten Trend geworden.
12.06.2018
Mach‘ es selbst – wie Upcycling, DIY, reparieren und basteln zum Trend wurden
Ein kurzer Moment der Unaufmerksamkeit, ein falscher Handgriff und schon liegt der Porzellanteller in Scherben auf dem Küchenboden. Wenn es nicht gerade das gute Service war, landen die Reste kurzerhand zusammengekehrt im Müll. Ersatz ist schließlich schnell besorgt. Zumindest heutzutage. Früher war es selbstverständlich, Socken zu stopfen, Löcher zu flicken oder eben Sprünge und Scherben wieder zu kitten. Das Kleben von zerbrochenem Porzellan zählt in Japan bis heute als eigene Kunstform. „Kintsugi“ leistet mehr als eine fachkundige Reparatur. Die Methode schenkt Altem neues Leben und erhebt den Makel zur Zierde. Nur wenige Meister beherrschen die Technik noch, bei der jedes Bruchstück einzeln mit vielen Schichten eines besonderen Baumharzes bestrichen wird und anschließend monatelang trocknet. Feine Gold- oder Silberpigmente im Kitt verwandeln die Risse in leuchtende Borten.
Lädierte Geräte und ausgediente Gegenstände erfahren inzwischen auch hierzulande mehr Wertschätzung. Besitzen, wegwerfen und neu kaufen ist vielen verpönt. Der Gegentrend heißt: teilen, umarbeiten, reparieren. Was nicht mehr genutzt wird, muss nicht zwingend im Müll landen. Bei Kleidung ist Second Hand längst Standard. Doch heute kaufen Menschen das Gebrauchte nicht bloß, sie tauschen oder mieten es auch. Vor allem in Städten wachsen Tauschgemeinschaften und app-basierte Kleiderbörsen.
Shabby Chic, Vintage, Upcycling: Hauptsache selten
Selbst scheinbar wertlose Materialien können im zweiten Leben Teil eines Designerstücks werden – oder zumindest ungewohnten Glanz erreichen. „Upcycling“ heißt es, wenn ein neuer Zweck alte Gegenstände aufwertet. Zu den bekanntesten Upcycling-Produkten zählen Umhängetaschen aus LKW-Planen, die der Schweizer Designer Markus Freitag seit 1993 mit dem gleichnamigen Unternehmen vertreibt. Weltweit entstehen Ideen, wie sich Abfälle weiterverwenden und wieder an den Kunden bringen lassen. Die niederländische Firma Newspaper Wood beispielsweise kehrt einen der ältesten Produktionsprozesse um: Statt Papier aus Holz zu gewinnen, fertigen die Designer Möbel aus „Zeitungsholz“, indem sie alte Zeitungsblätter schichten und pressen. Aus den robusten Blöcken bauen sie gefragte Lampen und Tische. Ein amerikanisches Duo ist gleich zweifach kreativ. Die Gründer von bureo kaufen chilenischen Fischern alte und kaputte Netze ab. Sonst würden die Seile einfach im Meer entsorgt und dort zur tödlichen Falle für Fische. Aus den eingeschmolzenen Netzen formen die Unternehmer Decks für neue Skateboards.
Neu lackiert, umgebaut und an die Wand gebohrt verlängert sich der Lebenszyklus eines Gegenstands. Wer nicht in teure Einzelstücke und aufbereitete Edelobjekte investieren will, legt einfach selbst Hand an alte Ware. In wenigen Schritten entstehen aus Euro-Paletten lässige Balkonmöbel oder rustikale Couchtische aus alten Holzkisten. Und für die neue Lampe wird einfach etwas Altglas durchbohrt. Zahlreiche Blogs und Videos-Tutorials zeigen, wie Heimwerker aus Schrott schicke Unikate basteln. Einsteiger beginnen einfach damit, Glasflaschen als Aufbewahrungsmöglichkeit zu nutzen oder Holzleitern zu streichen.
Das selbstgebaute Möbelstück gilt vielen mehr als eins aus dem Handel. Seltenheit schlägt Komfort. Ihr Material finden Upcycler und Vintage-Fans auf Trödelmärkten. Die sind längst mehr als ein Umschlagplatz gebrauchter Billigware für Kunden, die nur wenig Geld haben. Auf freien Plätzen und in Hallen fahnden vor allem junge Großstädter am Wochenende nach vergessenen Schätzen, erhaltenen Möbeln und ausgedienten Raritäten, die sie zu Hause aufarbeiten und umbauen können.
Tüfteln statt wegwerfen: Noch mehr Upcycling-Ideen
Der einfachste Weg, etwas zu erhalten, bleibt die klassische Reparatur. Doch gerade für kleine Mängel fehlt vielen das nötige Wissen. „Repair Cafés“ bringen seit einigen Jahren diejenigen, die es können, mit denen zusammen, die es lernen möchten. Ein defekter Toaster, ein lädierter Spielzeug-Bagger oder eine beschädigte Lampe – Laien finden vor Ort das passende Werkzeug und ehrenamtliche Ansprechpartner, die ihnen helfen. 2009 öffnete das erste Repair Café in Amsterdam. Heute können Menschen in weltweit 1.500 solcher Läden gemeinsam Möbel, Kleidung und Elektrogeräte instand setzen. Statt eines Festpreises sammeln die Cafés Spenden und Trinkgelder für die freiwilligen Helfer.
In größerem Stil arbeitet die sogenannte Maker-Bewegung: Junge Tüftler wollen die Produktion demokratisieren und basteln zusammen an kreativen Prototypen. Die Basis für ihre technischen Lösungen sind meist bestehende Anwendungen und alte Gegenstände, die die Maker erweitern, verknüpfen und neu benutzen. Auch in Deutschland gibt es zahlreiche Labs, Workshops und Kurse, in denen Maker ihre Projekte vorstellen und sich mit anderen technikaffinen Talenten vernetzen.
Kreativ rekonstruieren
Reparieren, nachbessern, ausbauen – und das mit einfachen Mitteln. An diesem Punkt setzt Adhesive Technologies mit Pattex Kintsuglue an. Inspiriert vom japanischen Kintsugi hilft der modulierbare Kleber dabei, flexibel verschiedene Materialien zu rekonstruieren und umzugestalten: Die Knetmasse kann beispielsweise beschädigte Schutzhüllen ergänzen, Elektrokabel schützen, Möbelkanten abrunden oder als Haken dort Halt schaffen, wo eine Aufhängemöglichkeit fehlt. Der wasserfeste Kleber wird von Hand geformt und justiert. Nach 30 Minuten beginnt er auszuhärten. Später lässt er sich ablösen und wiederverwenden. In Schwarz, Weiß oder bunt bemalt bleibt Kintsuglue wahlweise verborgen oder würdigt wie im japanischen Vorbild sichtbar die Reparatur und den kreativen Geist. Und schenkt geliebten Gegenständen ein zweites Leben.